Bildung - Schule - Studium
Inhalt:
- Was ein künftiger Sozialarbeiter lernen muß
- Projektorientiertes Studium: Aus Erfahrungen lernen
- Methoden der Sozialarbeit: Charakterbildung der Sozialpädagogen
- Interaktionstraining: Hart im Nehmen – härter im Geben
- Rechtsausbildung für Sozialpädagogen: Das soziale Herz auf dem rechten Fleck
Zur Kritik der Sozialen Arbeit
Sozial motiviert sind irgendwie alle, die ein Studium der Sozialen Arbeit beginnen. Sie wollen mit Menschen arbeiten und ihnen in Notlagen helfen – und das nicht ehrenamtlich in ihrer Freizeit, sondern in einem anerkannten Beruf.
Das Tätigkeitsfeld ist ein breites Spektrum prekärer Existenzen, das von verwahrlosten Jugendlichen, arbeitslosen Erwachsenen, verarmten RentnerInnen, nicht integrierten AusländerInnen und Geflüchteten bis zu Menschen mit Behinderung, Missbrauchsopfern, Drogenabhängigen, Straffälligen oder solchen, die es noch werden können, reicht. Ihnen will die Soziale Arbeit helfen, mit ihren Problemen zurechtzukommen, Stichworte: Hilfe zur Selbsthilfe bzw. Hilfe zur Lebensbewältigung.
Uns stellen sich dabei einige Fragen, die wir diskutieren wollen:
- Wie sieht die „Hilfe“ in der Sozialen Arbeit aus?
- Warum ist in dieser Gesellschaft ständig Hilfe erforderlich?
- Wie sieht das Leben der KlientInnen aus, das es zu „bewältigen“ gilt?
- Fallen die Ergebnisse der Sozialen Arbeit tatsächlich so unbefriedigend aus aufgrund eines chronischen Geld- und Personalmangels? Woher kommt der eigentlich?
Unsere Behauptung: Soziale Arbeit hilft Menschen nicht, aus Armut und Not herauszukommen. Soziale Arbeit betreut Menschen in Armut und Not!
Quelle: https://gruppe-k.org/wp-content/uploads/2017/10/Kritik-der-Sozialen-Arbeit.pdf
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Über das Schulwesen
„Wieso? Weshalb? Warum? Macht die Schule dumm?“
- Ja, Schule macht dumm. Das steht nicht etwa für ein Versagen der Schule, sondern gehört zu ihren Aufträgen. Dummheit, was ist das? Es fällt nicht unter Dummheit, wenn man nicht alle 27 Nebenflüsse der Elbe weiß, die chemische Formel von Blei nicht kennt, von Feuerbach noch nie etwas gehört hat oder die neue Zeichensetzung nicht beherrscht. Das ist fehlendes Wissen, das kann man sich aneignen, wenn man will. Die äußerst sparsame Vermittlung von Wissen und Kenntnisse an die Mehrheit der Schüler, die frühzeitig für untere Regionen der Berufshierarchie aussortiert werden, weil ihre weitere Qualifikation außer Kosten nichts bringt, fällt auch nicht unter Dummheit, sondern unter schulisch organisierten, bildungspolitisch gewünschten Ausschluss von weiterführenden Bildungswegen. Die stehen in der „Wissensgesellschaft“ nämlich nur der Elite offen, also denen, die mit ihrem Wissen den Kapitalstandort Deutschland voranbringen, und denen, die die dafür nötigen Herrschaftsfunktionen ausüben: Juristen, Journalisten, Politiker, Lehrer und sonstige Staatsbeamte.
- Dummheit ist nicht das, was man nicht gelernt hat. Unter Dummheit fällt vielmehr ziemlich viel von dem, was man lernt, und zwar als Hauptschüler wie als Gymnasiast. Die frühzeitige Aneignung einer gehörigen Portion Dummheit braucht es für jene Leistungen, die die Bürger hierzulande ständig erbringen: nämlich für die freiwillige Unterordnung unter alle Zwänge und Sachzwänge dieser Gesellschaft. Dazu gehört in erster Linie die Einbildung, dass Schule und Uni, alle politischen Einrichtungen und nicht zuletzt der Arbeitsmarkt und die Berufswelt irgendwie schon dafür geschaffen sind, dass man mit einigen Anstrengungen seine frei gewählten Interessen verwirklichen kann – wenn man doch schon in all diesen Abteilungen der Gesellschaft zurechtkommen muss. Und dazu gehört in zweiter Linie die Ausstattung des Verstandes mit lauter falschen Urteilen über die Gründe, warum das so häufig nicht aufgeht. Dummheit ist – zusammengefasst – die Summe parteilichen Denkens, mit der der erzogene Mensch es fertigbringt, alle politischen und ökonomischen Beschränkungen des eigenen Interesses zu verarbeiten und dabei brav zu bleiben.
- Dafür Beispiele zu finden, ist nicht schwer: Als mündiger Staatsbürger glaubt man z.B. an die Dummheit, dass Wahlen wichtig sind, weil sich damit die Politik zur Rücksichtnahme auf die eigenen Interessen bewegen lässt. Wer an dem dummen Spruch festhält, dass es jeder in dieser Gesellschaft zu etwas bringen kann, wenn er sich nur ordentlich anstrengt, der ist bereits gut erzogenes und von sich und seinen Fähigkeiten überzeugtes Konkurrenzsubjekt. Und dann gibt es noch die Dummheiten, die auf den Namen Moral hören, mit denen besonders der kritische Mensch alles, was ihn stört, auf fehlende Gleichheit, Gerechtigkeit oder Freiheit und Missachtung der Menschenwürde zurückführt; wofür er dann regelmäßig die Politik verantwortlich macht.
Warum sind das Dummheiten?
– Der Freund von Wahlen – er wird dieses Jahr reich beschenkt – lobt ein Wahlrecht, mit dem das Wahlvolk wechselndes Personal für sehr prinzipiell feststehende Regierungsaufgaben auswählt, und der dann nichts mehr dabei findet, sich von den gewählten Machthabern die Existenzbedingungen diktieren zu lassen. Wer es als Freiheit schätzt, keiner anderen Obrigkeit zu gehorchen als jener, an deren Wahl er sich beteiligt hat, ist – im genannten Sinne – dumm.
– Der Freund der Leistungsgesellschaft lobt die Konkurrenz, die alle entscheidenden Lebensbereiche – Schule, Arbeitsmarkt und Beruf – fest im Griff hat, dafür, dass die Klassengesellschaft ihre Jobs nicht mehr nach Stand, Herkunft, Geschlecht und Rasse verteilt, sondern ganz gleich und demokratisch nach Leistung. Nichts findet er dabei, dass es diese Konkurrenz überhaupt nur dort gibt, wo deren Macher die Anzahl der Siegerpositionen knapp halten und die Masse der Konkurrenten nach ihren Kriterien in Verlierer-Jobs einweisen; wo folglich vor Beginn der Konkurrenz deren zentrales Ergebnis bereits feststeht: die Berufshierarchie der Klassengesellschaft. Wer die staatlich verfügte Erlaubnis schätzt, sich in der Konkurrenz daran beteiligen zu dürfen, also alle Mitkonkurrenten möglichst zu Verlierern zu machen, und sich zudem einbildet, das hätte er mit seiner Leistung in der Hand, ist – im genannten Sinne – dumm.
– Und dem Freund hoher Werte schließlich schlägt die Sternstunde immer dann, wenn er entdeckt, dass seine bzw. die Interessen der Mehrheit nicht so recht aufgehen. Dann beschwert er sich bei der Politik – was er ja darf und wofür er dankbar ist – und wirft ihr Verstöße gegen Gleichheit der Chancen und soziale Gerechtigkeit vor, beklagt Freiheitseinschränkung und Intoleranz. Die Diagnose lautet in der Regel Amtsmissbrauch, Versagen der Politik, weil die z.B. „anstatt den Kern des Problems anzugehen, nur an seiner Oberfläche kratzen“, wie es in einem Flyer von Bildungskritikern heißt. Wer auf diese Weise Politik und Konkurrenz zu Einrichtungen erklärt, die eigentlich durch hehre Prinzipien dazu verpflichtet seien, seinen Interessen zu dienen; wer meint, dass hierzulande eigentlich alles harmonisch und zur Zufriedenheit aller ablaufen könnte, wenn sich Lehrer, Politiker und Manager nicht immer an ihren eigentlichen Aufgaben versündigen würden, wer also die hierzulande alle erlaubten Erfolgswege in Schule und Beruf auf diese Weise idealisiert, der ist – im genannten Sinne – dumm.
- Warum diese Dummheiten zum Erziehungsauftrag des staatlichen und privaten Bildungswesens gehören, ist leicht zu erkennen: Sie sind das geistige Schmiermittel des demokratischen Kapitalismus, mit dem der freie Bürger ausgestattet wird. Nicht ermittelt ist, warum sie sich in den Köpfen halten, wo ihnen doch jede konkrete Erfahrung, die Menschen in Verfolgung ihrer Lebensplanung in dieser Gesellschaft machen, widerspricht. Spätestens nach der vierten Wahlbeteiligung kann man von Wählern hören, dass die da oben ja doch machen, was sie wollen. (Schon wieder eine Dummheit.) Wer wegen Insolvenz entlassen wird, wirft den Unternehmern Undankbarkeit vor (auch eine Dummheit), weiß also, dass Arbeitslosigkeit nicht Resultat seiner Leistungsverweigerung ist. Und selbst der kritische Moralist, der mit seinen Forderungen immer wieder unverdrossen bei jenen staatlichen Stellen antritt, die ihm eine Reform-Suppe nach der anderen einbrocken, weiß, dass er „denen da oben Dampf“ machen muss, was ja wohl nichts anderes bedeutet, als dass „die oben“ auf seine moralisch wertvollen Argumente nicht hören.
- All diese theoretischen Dummheiten lernt man in der Schule. Dort ist die Erziehung zu solch parteilichem Denken Lernstoff. Dafür, dass die falschen Urteile in der Regel unbesehen durchgehen, sorgt die Schule ebenfalls. In ihr ist das Lernen so organisiert, dass gar nicht erst die Unsitte einreißt, die Lerninhalte auf ihre Stimmigkeit zu überprüfen. Gelernt wird, was in der Schule nützt. Jede schulisch verlangte Verstandesleistung ist nämlich als Bewährungsprobe organisiert. Der Erfolgsmaßstab des Lernens ist die gute Note, nicht etwa das Begreifen. Mit guten Noten wird belohnt, wer Gefordertes in geforderter Weise zum angesetzten Zeitpunkt wiedergibt. Die relative Gleichgültigkeit gegenüber dem Inhalt des Lernstoffs gehört zur schulischen Aneignungsform von Wissen, Kenntnissen und Urteilen zwangsläufig dazu. Auch das Versprechen späterer Anwendbarkeit gilt als wirksames Lernmotiv. Was sich Schüler dann häufig als nützlichen „Praxisbezug“ zurechtlegen, ist der Sache nach folgender Beschluss: In meinen Kopf lasse ich nur rein, womit ich mich später im Dienst an Staats- und Geldmacht nützlich machen kann. Kurz: Die durchgesetzte instrumentelle Stellung zur Wissensaneignung verbietet geradezu die Prüfung des Lernstoffs auf ihren Wahrheitsgehalt. Deswegen gehört zur höheren Bildung übrigens auch die Dummheit, dass es so etwas wie Wahrheit gar nicht gibt.
- Wenn regelmäßig die Kritik an Schule – so wie sie hier angedeutet worden ist – mit der Frage nach der Alternative konfrontiert wird oder gar blamiert werden soll, dann liegt nicht nur eine weitere gelernte Dummheit, der Imperativ der konstruktiven Kritik, auf dem Tisch, sondern zugleich ein Eingeständnis: Es ist bekannt, dass die Herrschaft in diesem Land sich hütet, für ihre Bürger Alternativen zum demokratischen Kapitalismus bereitzuhalten; nichts als den wollen sie zum internationalen Erfolgsmodell ausgestalten. Sie schließen sogar umgekehrt jede vernünftige Organisation des Zusammenlebens grundsätzlich – siehe z.B. Art. 14 des Grundgesetzes, der das Privateigentum schützt – aus. Und diese Alternativlosigkeit der herrschenden Lebensverhältnisse, der (Sach-)Zwang, sich unter dem Regime von Geld und Privateigentum, Konkurrenz mit ihren Interessengegensätzen, Rechtsordnung und Gewaltmonopol sein Leben unter Aufbietung von Leistungen des freien Willens einzurichten, ist es letztlich, unter dem sich gelernte Dummheiten zu einem leider vielfach ziemlich unerschütterlichen Standpunkt verfestigen. Wer dann die qua Staatsmacht erfolgte Ächtung jeder Alternative zum herrschenden System ausgerechnet den Kritikern als fehlenden Realismus ihrer Kritik vorhält, ist mit seiner Dummheit schon bei gemeiner Parteinahme gelandet.
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Der Lehrer und seine Berufsmoral
Die Reihe „Argumente zur Schule“ enthält eine Sammlung von Artikeln, die sich gegen die Inhalte einer Unterrichtspraxis ausgewählter Fächer wendet. Den Texten ist das folgende Vorwort vorangestellt.
Was wir wollen
Eine Warnung vorneweg:
Wer will, kann mit den hier zusammengetragenen Artikeln etwas über die Schule und den dort gepflegten Geist lernen, für die Schule eher weniger. Wer also hier angebotene Argumente in eine Erörterung oder für ein Referat übernehmen oder als Studienrat für seine Tafelanschrift verwenden möchte, könnte sich hart tun oder unangenehm auffallen: Beliebt macht sich in dieser Schule und Gesellschaft nämlich nicht, wer sie erklären kann.
Wer sich aber ungeachtet dessen für die Kritik des Schulstoffs interessiert, der ihn bislang vielleicht nur irgendwie genervt hat, der kann auf diesen Seiten fündig werden: Schonungslos auseinander genommen werden da die Dauerbrenner diverser Fächer, mit denen der nachwachsende Staatsbürger seine geistige Reife erwerben soll, ebenso wie die sonstigen Themen, die den politischen Zeitgeist umtreiben und (nicht nur) in der Schule ideologisch verkehrt daherkommen. Nicht zuletzt soll das Schulsystem selbst einer gründlichen Kritik unterzogen werden.
Das alles ist – leider – ein Angebot der abweichenden Art. Denn kritisches Genörgel an und Unzufriedenheit mit diesem Ausbildungsunwesen gibt es jede Menge. Schüler, Eltern, Lehrer finden an der Schule immer etwas auszusetzen. Auch die Herrschaften von der Wirtschaft, sogar der
- Staat selbst, der diese Anstalt immerhin einrichtet und unterhält, sie finanziert und dort anschafft, wird selbstkritisch mit seinem eigenen Produkt: Der Ausstoß an nationalem Bildungsnachschub dauert ihm zu lang und deckt den Bedarf der am Standort gerade gefragten Elite nicht. Der
- Schüler schimpft auf die Schule insbesondere dann, wenn er selber auf dem Weg zu dieser Elite auf der Strecke bleibt. Schuld sind dann inkompetente Lehrer, die weltfremden Stoff zu langweilig darbieten, um anschließend zielsicher ihn ungerecht zu benoten.
- Eltern sehen das im Prinzip genauso und auch genau dann, wenn der erstrebte Abschluss sich genau für ihr Früchtchen nicht einstellen mag.
- Lehrer schimpfen über Schüler, über deren Faulheit und Desinteresse, und weil sie nur auf die Noten fixiert sind, die sie selbst ihnen geben. Auf das Kultusministerium schimpfen sie, weil der Stoffplan zu voll ist, und rennen offene Türen ein.
- Pädagogen und Psychologen bemängeln als kritische Freunde der Selektion, dass diese zu früh stattfindet, und rümpfen die Nase über Leistungsfetischismus, ohne zu merken, dass sich beide Vorwürfe bereits widersprechen.
Von allen diesen und ähnlichen Beschwerden über die Schule hält also die hier zusammengetragene Kritik der Schule nichts. Denn die Schüler, die durch die Auslese geschleust werden, und die Lehrer, die sie durchführen, sind sich mit dem Staat, der sie anordnet, in einem sehr grundsätzlichen Standpunkt einig: dass die Auslese sein muss. Nach dem Warum und Wofür wird da nicht gefragt, stattdessen hebt ein munterer Streit ums Wie an. Dabei treffen sich – wenngleich von verschiedenen Berechnungen und Erwartungen getrieben – alle Seiten in dem Befund, dass vieles doch nicht so sein müsste, wenn eine flotte Reform, ein bisschen später Selektion, ein wenig realitätsnäher der Unterricht, pädagogisch mehr fortgebildet der Pauker …
Gegen derlei kritische Ansinnen, die Schule zu verbessern, steht hier ein denkbar unkonstruktives Angebot: die Erklärung und damit Kritik der Schule und ihres Bildungsguts, wie es beides in Demokratie & Kapitalismus mit schlechtem Grund eben gibt.
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Das Studium
Das Studium: Die effektive Erzeugung von akademischem Rohstoff
Für seinen wirtschaftlichen Erfolg braucht Deutschland Bildung. Darauf verweisen Politiker sämtlicher Parteien immer wieder. Stellvertretend für alle Außenminister Westerwelle: Der bezeichnet Bildung als die „zentrale Ressource der Globalisierung“. Der eigentliche Rohstoff, so betont er, liege längst nicht mehr unter unseren Füßen, „sondern zwischen unseren Ohren“. Dies seien Kreativität und Wissen – beide ein Ergebnis von Bildung (auswärtiges-amt.de). Und weil ihr der deutsche Wirtschaftserfolg nun mal am Herzen liegt, kümmert sich die Politik fleißig darum, den wertvollen Rohstoff zwischen den Ohren der Bevölkerung zu verankern.
Jüngstes Glanzlicht dieser Bemühung ist, die Hochschule betreffend, der „Bolognaprozess“. Den haben die Bildungsminister aller europäischen Nationen aus der Taufe gehoben, um, erklärtermaßen, einen einheitlichen Europäischen Hochschulraum zu schaffen und damit eine vergleichbarere, wettbewerbsfähigere Hochschulausbildung zu ermöglichen. Dafür verordneten deutsche Bildungspolitiker ihren Hochschulen eine Studienreform.
Seitdem gibt es
– eine Zweiteilung der Studienabschlüsse in Bachelor und Master, die nur einen Teil der Studierenden zur früher obligatorischen „umfassenden“ Qualifikation führt. Die überwiegende Masse wird in verkürzter Studienzeit mit einem im Vergleich dazu abgespeckten Arsenal an Kenntnissen „beschäftigungsfähig“.
– die „Modularisierung“ der Studiengänge, die Studieninhalte und Veranstaltungen zu abprüfbaren Einheiten zusammenfasst. Für jedes Stück Stoff, das man sich reinzieht, sind Credit Points zu erwerben, die den Zeitaufwand, mit dem man das schaffen muss, definieren, und für jedes Stück Stoff ist eine Prüfung abzulegen, die benotet wird. Kein bisschen Wissen wird an den Unis vermittelt, an dem die Studierenden nicht bewertet, sortiert und im Misserfolgsfall aussortiert werden.
– die Klage der Studenten darüber, dass Prüfungsstress und Zeitdruck aus dem Studium eine kaum zu bewältigende Angelegenheit machen.
So soll möglichst viel Wissen in möglichst vielen Köpfen platziert werden? Läuft da etwas falsch?
Wie passt diese Art der Studienorganisation dazu, Wissensträger zu bilden – als wirtschaftliche Ressource? Braucht eine Wirtschaft, in der sich alles ums Geldverdienen dreht, wirklich viel Wissen zwischen allen Ohren? Spielt Wissen da nicht eine schäbige Rolle als Hilfsmittel für Wirtschaftsunternehmen, die es ausschließlich dazu benötigen, es für sich und in Konkurrenz gegeneinander profitabel einzusetzen? Wird deshalb das Bedürfnis nach Zugriff der Wirtschaft auf möglichst alle Qualifikationen in Relation gesetzt zu den dafür aufzuwendenden Kosten?
Und worum geht es dem Staat, der Bildungsinhalte festlegt und das Bildungswesen finanziert, wenn er Bildung als Selektion stattfinden lässt und die finanziellen Aufwendungen dafür stets kritisch im Blick behält?
Beruf Elite
Eine marxistische Berufsberatung
Was soll ich werden? Diese Frage begleitet die im demokratischen Schulwesen einigermaßen vorangekommene Jugend, bis sie es schließlich geworden ist: was Besseres. Dabei fällt auf, dass diese Antwort auf eine Lebensfrage gar nicht in der Macht derer liegt, die sie sich stellen müssen. Junge Leute können bloß die geforderten Bedingungen an sich herstellen, um ihr Leben nicht als Tippse, Wurstverkäufer oder Bergmann verbringen zu müssen. Ob sie mit ihren erworbenen Begabungen gebraucht werden auf den besseren Posten, die sie anstreben, steht ebenso wenig in ihrer Entscheidung wie das, was sie dort gegebenenfalls zu erledigen haben. Letzteres steht so unabhängig vom Sinnen und Trachten der Individuen fest, dass unsere aufgeklärte Gesellschaft mit aller gebotenen Skepsis dem Aberglauben anhängt, zum Oberamtmann, Kinderarzt oder Burgschauspieler und vor allem zum Regieren müsste der Mensch letztlich geboren sein – so als würden die Gene im Zellkern mit gewissen „umweltbedingten“ Vorbehalten den Errungenschaften der „zweiten Natur“, die sich ein jeder als gesellschaftliches Wesen notgedrungen aneignet, die Hand reichen. Und dieser Fetisch der „Begabung“ „erklärt“ gleich auch noch, zusammen mit „sozialer Benachteiligung“, die Ergebnisse der Konkurrenz um bessere Posten, die aus dem strebsamen Nachwuchs die nicht Gebrauchten aussortiert und, zynisch genug, mit dem Stempel versieht, damit hätten die ihre Unbrauchbarkeit unter Beweis gestellt.
„Was Besseres“ werden zu wollen und dann womöglich auch zu sein, ist also nur einerseits ein frei gewähltes „Schicksal“ – im Unterschied nämlich zur Karriere als normaler Lohnarbeiter, in die die Masse der Leute ohne überflüssige Inanspruchnahme ihrer Entscheidungsfreiheit hineingelangt. Wozu der bessere Mensch sich entscheidet und worum er sich ohne Zwang bemüht, ist ein Dasein als Charaktermaske gesellschaftlicher Positionen, von denen das selbstbewusste Individuum kein Jota erfunden hat und denen es außer einem – ebenfalls ziemlich gleichförmigen – höchstpersönlichen Selbstbewusstsein weiter keinen besonderen Stempel aufdrückt. Vortreffliche Persönlichkeiten, die sich hier um Unverwechselbarkeit bemühen, bringen es im besten Fall zu einem lächerlichen Effekt, über den keiner lacht: Sie subsumieren sich selbst nach Strich und Faden unter ihre hohe Aufgabe.
Worin die besteht, möchte eigentlich niemand so genau wissen. Zu Recht; denn das muss den Glauben stören, als Doktor, Börsenspekulant oder Zeitungsschreiber zur besseren Gesellschaft zu gehören, weil man selber „was Besseres“ ist und gerechterweise auch geworden ist. Andererseits kommt nicht einmal dieser Glaube von Natur; auch Akademiker müssen nicht ihrem eigenen Metier gegenüber ignorant bleiben. Geradeso gut wie Müllkutscher oder Köchinnen sind sie in der Lage, sich klarzumachen, was sie tun, wenn sie „was Besseres“ werden wollen und am Ende womöglich sind.
Ein paar Hilfestellungen dazu leistet die vorliegende Sammlung von berufsabratenden Artikeln, denen zwei einführende Berufsbilder allgemeinerer Natur vorangestellt sind.