Grundlegende gegenargumentative Beiträge zur Ideologiekritik

An dieser Stelle werden diverse grundlegende Texte und Aufzeichnungen wiedergegeben, die durchgesetzte und selbstverständliche Ideologien des bürgerlichen Alltags kritisieren. Die ausgewählten Kategorien sind keiner besonderen Reihenfolge unterworfen.

Das Volk: eine furchtbare Abstraktion

Volk: das ist, folgt man der praktisch verbindlichen Festlegung moderner Gesetzgeber, nichts weiter als die Gesamtheit der Bewohner eines Landes, die eine zuständige Staatsmacht zu ihren Angehörigen erklärt. Diese bilden – ungeachtet ihrer natürlichen wie gesellschaftlichen Unterschiede und Gegensätze – ein politisches Kollektiv, indem sie ein und derselben Staatsgewalt untergeordnet sind. Ihre Verpflichtung auf dieselbe Herrschaft und deren Programm ist die gemeinsame Sache, für die sie als Volk einstehen.

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Zur hochgeschätzten demokratischen Kultur gehört es, dass da Bürger laufend nicht nur privat, sondern auch öffentlich Kritik üben, unablässig eine bessere Welt vermissen und fordern. Die stellt sich deshalb aber nicht ein, was zur Folge hat, dass ein ansehnliches Standardrepertoire von Beschwerden fortlebt. Das heißt leider nicht, dass die Beschwerde führenden Bürger beherrschen, wie Kritik geht. Ihnen unterlaufen immerzu die gleichen Fehler, durch die sie nicht nur das zunächst einmal theoretische Gewerbe des Kritisierens verpfuschen. Mit ihrem falsch gestrickten Einspruchswesen bilden sie den Willen aus, der sie zum perfekten Mitmacher qualifiziert – bei allem, was ihnen so missfällt. Und mindestens zur selbe Blüte gelangt wie die Pflege kritischen Räsonierens sind im übrigen gewisse Standards der Zurückweisung von Kritik – bis hin zum Verbot…

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Toleranz

Die Toleranz ist das vom Staat gegen alle verkündete Ideal der Gewalt, an der jedem etwas liegt – negativ zu den anderen. Während in den wohlbehüteten Sphären bürgerlicher Öffentlichkeit der Staat für den Meinungspluralismus zu sorgen weiß, Polemik also ausgestorben ist und nur dem Schein nach als Streit um die Frage „Wer ist der bessere Demokrat?“ u.ä. vorkommt, merken die Leute unter Umständen, in denen der Staat nicht präsent ist, sehr schnell, dass sie keine Meinungsverschiedenheiten haben – im trauten Kreise von Familie und Wirtshaus ist die Kundgabe eines Interesses noch immer der Auftakt für Schlägereien. An ihnen kann man sehen, was der Staat mit der Meinungsfreiheit kodifiziert: das Verbot, Interessengegensätze anders zu behandeln als in der Form von differierenden Ansichten. Meinungen müssen vorgebracht werden können, um welche zu bleiben. Die Gefahr, dass seine Bürger Meinungsäußerungen als Argumente ernstnehmen und gegen den Staat gerichtete Meinungen zum Anlass nehmen, etwas gegen ihn zu unternehmen, bringt noch jeden demokratischen Staat zu der Überlegung, wo die Freiheit der Meinungsäußerung und die Pressefreiheit ihre Grenze haben muss (GG Art. 18), eine Überlegung, die bei uns durch § 88a und andere fortgesetzt ist. Aus gegebenem Anlaß wird es sich also keine Demokratie nehmen lassen, von sich aus Meinung mit Willen gleichzusetzen, und sie handelt sich von seiten der Demokraten sicherlich in all diesen Fällen die Kritik ein, dergleichen störe die Botmäßigkeit der Bürger empfindlich – womit sie das Geheimnis der demokratischen Öffentlichkeit aussprechen.

Peter Decker, Demokratischer Fundamentalismus: Toleranz (2016)

Die schöne Tugend, auszuhalten und gelten zu lassen, was man nicht leiden kann, ist ein Grundwert der Demokratie. Warum man sich diesen Widerspruch antun soll, das begründet einem keiner – höchstens tautologisch in der Form, dass andernfalls Intoleranz und Streit herrschen würden. Der Wert soll sich wohl von selbst verstehen. Dabei ist er im Zeichen des Vormarschs rechter Parteien in Europa gar nicht mehr unumstritten: Während seine Anhänger das Aushalten und Gewähren-Lassen für die Voraussetzung von gesellschaftlicher Harmonie und freier Selbstbestimmung halten, sehen die rechten Kritiker in der allgemeinen Toleranz das Ende aller Werte und verbindlichen Sitten, die ein Volk ausmachen und zusammenhalten. Recht haben beide nicht. Die Gründe dafür – neben noch anderen schlechten Nachrichten von diesem edlen Wert – bietet der Vortrag mit Peter Decker.

Toleranz und Meinungsfreiheit

Tolerieren ist lateinisch und heißt erdulden. Die Tugend, auszuhalten und gelten zu lassen, was man nicht leiden kann, ist ein Grundwert der Demokratie. Widerstreitende Auffassungen, vorliegende Gegensätze, vermeintliche wie wirkliche, einmal zu prüfen und falls möglich auszuräumen, das kommt nicht in Frage. Man soll sie ertragen und Toleranz üben, weil andernfalls Intoleranz und Streit herrschen würden. Hader und Zwietracht sind darüber gar nicht ausgestorben. Im Gegenteil, sie kommen sogar im Namen der Toleranz auf. Die kennt nämlich Grenzen, und gegenüber Kritikern der Toleranz darf diese Tugend auf keinen Fall geübt werden. Dabei ist der Wert Toleranz im Zeichen des Vormarsches rechter Parteien gar nicht mehr unumstritten. Während seine Anhänger das Aushalten und Gewährenlassen für die Voraussetzung gesellschaftlicher Harmonie und freier Selbstbestimmung halten, sehen rechte Kritiker darin das Ende aller Werte und verbindlichen Sitten, die ein Volk zusammenhalten und die sich mit fremden Gebräuchen und Ansichten im Land überhaupt nicht vertragen. Recht haben beide Seiten nicht. Was Toleranz und Meinungsfreiheit leisten und warum sie nichts taugen, will der Vortrag erläutern.

Kritik der Meinungstoleranz

Gerhard Polt, Toleranz

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Rassismus und Antirassismus

Woher kommt und wie geht Rassismus?

Die polit-moralische Interpretation der staatlich durchorganisierten und sortierten Bevölkerung: Ausländerfeindlichkeit und Rassismus. Der Rassenwahn der Nazis – ein Vergleich.

Das u.g. Buch „Ausländerfeinde und Ausländerfreunde“ von F. Huisken ist vom Markt. Es wird hier dennoch erwähnt, weil seine Aussagen zum Rassismus weiterhin Gültigkeit haben – auch wenn inzwischen der Begriff staatlicherseits und in der demokratischen Öffentlichkeit eine neue Dimension und Qualität bekommen hat. Die bundesrepublikanische Flüchtlingspolitik der vergangenen Jahre und in der Gegenwart sind die Formen, in denen demokratische Ausländerfeindlichkeit sich heutzutage u.a. zeigt. Zu verweisen ist deswegen auf das aktuelle Buch von F. Huisken „Flüchtlingsgespräche“, das „Gespräche, Wortwechsel, Korrespondenzen, Kommentare und Notizen aus den letzten Jahren versammelt, die sich mit Ausländerfeindlichkeit auseinandersetzen. Eine Argumentationshilfe, die sich vor allem für Debatten mit den Ja-aber-Deutschen eignet.“

Freerk Huisken, Ausländerfeinde und Ausländerfreunde
eine Streitschrift gegen den geächteten wie gegen den geachteten Rassismus

Deutsche Staatsbürger erklären „Gast“-Arbeiter und Asylanten zu ihren Feinden. Wie kommen sie darauf? Sind die Gründe der derzeitigen Auslän- derpolitik denn die ihren? Sie sind es nicht, aber sie machen sie dazu. Das ist die Leistung von Nationa- listen.
Die Kritik der Ausländerfeindlichkeit sollte dem herrschenden Nationalismus nicht mit einer Wer- bung für die Ausländer begegnen. Zu leicht werden dabei als Maßstäbe die hierzulande gültigen An- standsregeln und Verkehrsformen akzeptiert. Soll man denn wirklich Ausländern empfehlen, sich vor dem rassistischen Nationalismus deutscher Bürger zu bewähren?
Soll man für Ausländer wirklich jene „Rechte“ einfordern, die schon den Inländern in der Regel nur die ordnungsgemäße Einordnung in „alter und neuer Armut“ gestatten?

Freerk Huisken, VSA-Verlag 1987, ISBN 3-87975-415-2, vergriffen

  1. Ausländerfeindlichkeit: Was sie ist und wie sie geht
  2. Ein Fall von verfügter Ausländerfeindlichkeit: Asylanten
  3. Rassismus
    – Über die Menschennatur und ihre Benutzung
    – Eine falsche Rassismus-Kritik: Diskriminierung
    – Das Prinzip des Rassismus
    – Beispiele: Südafrika – Hitlers Rassenlehre – der demokratische Rassismus
  4. Nationalismus
  5. Die Diagnose der Ausländerfreunde: Vorurteile
  6. Wie man mit alternativem rassistischem Nationalismus dem rassistischen Nationalismus zu Leibe rücken will

 

Flüchtlingsgespräche 2015ff.

Über demokratische Ausländerfeindlichkeit und völkischen Nationalismus, linke Heimatliebe und weltoffenen Patriotismus. Eine Flugschrift.

144 Seiten | 2020 | EUR 12.00
ISBN 978-396488-078-9

Aus aktuellem Anlass wird auf den neuen GS verwiesen. Sobald die Redaktion den Text freigegeben hat, wird er hier eingefügt. Bis dahin ein Artikel von Theo Wentzke, den er am 7.4.2021 in der "Jungen Welt" veröffentlicht hat. Bis auf den Schluss ist er identisch mit dem GS-Text.

„Anti-“ gegen „Rassisten“. Der unrassistische Klassenstaat und seine verfeindeten Moralisten

Rassismus im Sinne einer Rechtslage, mit der die Staatsgewalt die Diskriminierung von Teilen der Bevölkerung bis hin zu ihrer Eliminierung verordnet oder erlaubt, gibt es im modernen bürgerlichen Gemeinwesen nicht mehr. Weder im Sinn eines kolonialen Vorrechts, das die Herrschaft über unmündige Völker legitimiert, noch im Sinn der Nürnberger Gesetze, die von der Zugehörigkeit zu einer arischen Herrenrasse, die ein Recht auf Weltherrschaft hat, die Staatsbürgerschaft abhängig machen, noch im Sinn eines Rechts auf Eigentum an Menschen, das Sklaverei als Bestandteil der politischen Ökonomie festschreibt. – Was gibt es dann?

Weltoffen und ehrlich – Der Staat modernisiert seinen völkischen Rassismus (GS 4-2001)

Vom alles entscheidenden Unterschied zwischen In- und Ausländern. Vom Dienst des „Inländers“ für seinen Staat. Vom staatlichen Interesse an „Ausländern“ und der Besonderheit des Ausländerrechts. Vom aktuellen Bedarf einer „Neugestaltung“ des Umgangs mit den Ausländern. Über den Zusammenhang von Staatssicherheit im Anti-Terror-Kampf und Ausländerpolitik.

Vom Rassismus einer freiheitlichen, egalitären Staatsgewalt (GS 3-2020)

Die etablierte rassistische Sittlichkeit, die in polizeiliche und private Brutalität ausartet, hat ihren Ausgangspunkt und ihren Antrieb weder in einer biologischen Rassentheorie noch im moralischen Unvermögen, den Wert schwarzen Lebens zu erkennen, sondern in der politischen Moral, die Trump auf so ehrlich ergriffene Art zelebriert: in der Liebe zur amerikanischen Ordnung, zu der freien und gleichen Konkurrenzgesellschaft, die sie ordnet, und zum Volk, das diese Ordnung als seinen ‚way of life‘ lebt und liebt.

Rassismus, Antirassismus und Sprache

Die hier aufgeführten Texte sind Abschriften von Radiosendungen aus Österreich, gesendet auf RADIO ORANGE und RADIO FRO. Zu finden und nachzuhören sind sie unter http://www.gegenargumente.at bzw. durch Anklicken des entsprechenden Links.

  1. https://cba.fro.at/519512       Rassismus und Antirassismus: „Die Macht der Sprache“ (I)  (09/21)                                            
  2. https://cba.fro.at/520649       Rassismus bzw. Antirassismus: Die „Macht der Sprache“ (II)  (10/21)
  3. https://cba.fro.at/521867       Rassismus und Antirassismus – Wertvolle und Minderwertige  (10/21)         
  4. https://cba.fro.at/524479       Rassismus und Antirassismus: Herabwürdigung ohne Diskriminierung?  (10/21)   
  5. https://cba.fro.at/525460       Rassismus und Antirassismus – Alltag als Gelegenheit für Alltagsrassismus  (11/21)                 
  6. https://cba.fro.at/532332       Rassismus und Antirassismus: Macht der Sprache und Reden über Diskriminierung   (12/21)     
  7. https://cba.fro.at/536592       Rassismus und Antirassismus: Worüber reden wir eigentlich?! (I)   (01/22)
  8. https://cba.fro.at/537583       Rassismus und Antirassismus: Worüber reden wir eigentlich?!  (II)  (01/22)                          

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Humanismus

Peter Decker, Humanismus (1988)

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Nationalismus/Patriotismus

Kritik des Nationalismus

Kritik des Patriotismus

Thesen zu Nationalismus und Patriotismus

Warum wir dieses Land nicht lieben

Gegen den Nationalismus des neuen Deutschland

 „Deutschland!“ – das ist übriggeblieben von dem Aufruhr unzufriedener Bürger in der DDR gegen ihre Staatspartei und deren „realen Sozialismus“. Die einen kennen gar keine andere Parteilichkeit mehr als die schwarz-rot-goldene; andere halten da vieles für übertrieben und kurzsichtig, ein vereinigtes Groß-Deutschland für problematisch und man­ches an der alten DDR für erhaltenswert. Vom großen Kon­sens in der nationalen Sache, vom Vers „Deutschland einig Vaterland“, mag sich aber keine politische Kraft in der DDR mehr ausschließen – und im Westen, der schon länger frei ist, ist Politik schon immer für die Nation gemacht worden, und zwar für die erst noch richtig „wieder“ herzustellende gesamt­deutsche Großnation. Die „demokratische Revolution“ gegen die SED-Herrschaft hat mit dem alten Staatssozialismus auf­geräumt, und kein „menschlicher Sozialismus“, keine „ökolo­gische Basisdemokratie“, überhaupt kein Wunschtraum der alten DDR-Opposition ist an seine Stelle getreten. Ganz etwas anderes, als die Demonstranten der ersten Stunde sich gedacht haben, hat sich als einzig wirksamer politischer Standpunkt durchgesetzt und eint Ost und West, noch bevor die „Wiedervereinigung“ praktisch durchgezogen ist: „Deutschland!“

1990 | 253 Seiten | 8,00 €

Nationalismus global. Der Ausländer und das Problem, das er darstellt

Überall gibt es Ärger mit den Ausländern – mehr als lange üblich. Immer wieder und immer massiver stören sich politische Parteien und Regierungen am Vorhandensein, an der Zahl oder der Verfassung von Bevölkerungsteilen, die als nicht dazugehörig identifiziert und vom Hauptvolk abgegrenzt werden. Diese Ab- und Ausgrenzung lebt von der Scheidung zwischen zwei Sorten von Menschen, welche niemand anderer als die Staatsmacht in die Welt setzt: Zwischen solchen, die zu ihr gehören, ganz und gar ihrer exklusiven hoheitlichen Gewalt unterworfen sind, also nicht umhinkommen, ihre Ansprüche zu bedienen – sie genießen als Inländer das interessante Recht, im Bereich dieser Hoheit leben zu dürfen. Und all denjenigen, die anderen Staaten angehören und im Land nichts verloren haben, es sei denn, der Staat hat besondere Gründe, ihnen den Aufenthalt dennoch zu gestatten – weil und solange die Fremden ihm von Nutzen sind. Ob und wann sie stören, hängt also auch nicht von ihnen ab.

Die beiden folgenden Texte sind der Webseite von Renate Dillmann entnommen, Autorin des Buches: „China – Ein Lehrstück über alten und neuen Imperialismus, einen sozialistischen Gegenentwurf und seine Fehler, die Geburt einer kapitalistischen Gesellschaft und den Aufstieg einer neuen Großmacht“,

R. Dillmann, Stichwort: Nation

R. Dillmann, Nationalismus in China

Gehässiger Nationalismus - und wie man ihm besser nicht entgegentritt.
Ein Beitrag aus Wien

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Faschismus

Der Faschismus und seine demokratische Bewältigung

Faschismus – das weiß jeder, das hat man gelernt – ist das Gegenteil von Demokratie: Unrechtsherrschaft statt Herrschaft des Rechts; speziell der deutsche Nationalsozialismus ein System des Verbrechens, das alle Errungenschaften neuzeitlicher Politik außer Kraft setzt. Und trotzdem: 50 Jahre nach Hitlers Ende sind Warnungen vor einer jederzeit drohenden Wiederkehr des Faschismus an der Tagesordnung: Eine dauernde Gefahr soll er sein, die nur durch eine unermüdliche Anstrengung aller Demokraten in Schach gehalten werden kann. Wie das, wenn Demokratie und Faschismus doch so unvereinbar sind wie gut und böse?

Kein Zweifel: Demokraten halten vom Faschismus nichts – sonst wären sie ja keine mehr. Allerdings kennen sie jede Menge nationaler „Probleme“, insbesondere solche „sozialpolitischer“ Art, um deren „Lösung“ Faschisten jederzeit die Konkurrenz mit ihnen aufnehmen könnten und durchaus nicht von vorneherein die schlechteren Karten hätten – deren „Politikentwurf“ kann soviel anders als der demokratische gar nicht sein. Wäre nicht allgemein bekannt, wie das Stück ausgegangen ist, dann fänden sich die aus Schaden klug gewordenen Demokraten in ihrer strikten Absage an den Faschismus anscheinend entwaffnet. „Nach Auschwitz“ dagegen ist alles klar – und man erspart sich eine politische Faschismuskritik, mit der Demokraten sich, zugegebenermaßen, schwer täten.

Die Sache wird nicht besser, wenn radikalere Antifaschisten die real existierende Demokratie aufs Korn nehmen und ihr keinen schlimmeren Vorwurf zu machen wissen als den, sie sei eine einzige schiefe Ebene abwärts zum Faschismus. Wie alle Demokraten operieren auch sie mit der „Unvergleichbarkeit“ der beiden Alternativen – und ziehen nur die Grenzlinie anders.

Für einen sachlichen Vergleich zwischen Demokratie und Faschismus spricht durchaus ein praktiches Interesse, und so ist es nicht bloß von historischem Wert, sich mit den Leistungen der nationalsozialistischen Herrschaft auseinanderzusetzen – und mit der Kritik der damaligen und heutigen Gegner des Faschismus.

  • Der Begriff des Faschismus
  • Hitler – ein deutscher Politiker
  • Demokratische Faschismustheorie – oder: ‚Wie konnte es dazu kommen?‘
  • Demokratische Vergangenheitsbewältigung
  • Die verkehrte Faschismus-Theorie der Kommunistischen Internationale
1996 | 354 Seiten | 20,00 €, ISBN 978-3-929211-02-3

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Menschenrechte

Das Menschenrecht

Keine Woche vergeht, ohne dass irgendwo Menschenrechtsverletzungen anklagt werden. Gegenstand der Anklagen sind Gemeinheiten, die eine Herrschaft sich gegen ihre Untertanen herausnimmt. Ins Feld geführt werden aber nicht geschädigte Interessen, sondern ein verletztes allerhöchstes Recht, das Herrschaft verpflichte, damit aber auch rechtfertige – oder bei Missachtung delegitimiere. Angeklagt werden in der Regel Politiker anderswo, auswärtige Regierungen und „selbsternannte“ Machthaber. Ankläger Journalisten und Sprecher von Vereinen, die sich der Verbesserung der Sitten in der Staatenwelt verschrieben haben, aber auch Politiker, die für sich den Respekt vor der rechtlichen Menschennatur und damit das Recht, über andere Souveräne zu urteilen, reklamieren; in der Regel sind sie im Freien Westen zu Hause. Die Strafgewalt der demokratischen Weltöffentlichkeit ist mehr ideeller Natur: Rufschädigung. Wenn aber machtvolle Staatsgewalten als Ankläger auftreten, erklären sie sich nicht selten gleich selber zum Richter und zum Exekutor ihrer Urteile wegen verletzter Menschenrechte anderswo. In deren Namen üben sie daheim die Gewalt über ihr Volk aus, die sie für geboten halten; in deren Namen kritisieren sie die Herrschaft anderer Staaten über deren Volk, erklären ihm ihre Feindschaft und führen Krieg. Bleibt zu klären, worin diese Idee eines dem Menschen zukommenden staatsverpflichtenden Rechts besteht und was sie für wen leistet – nach innen und nach außen.

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Frau

Ein Knüller von damals:  Die Frau im Kapitalismus (MSZ 7-1975)

Und 44 Jahre später – immer noch ein Thema… Juristisch gleichgestellt, moralisch geachtet, schlecht behandelt

Die Frau im Kapitalismus (GS 4 – 2019)

Frauen genießen reichlich öffentlichen Respekt. Das passt wunderbar: nämlich dazu, dass das weibliche Geschlecht mit jeder Menge sozialen Benachteiligungen und einer regelrechten Kultur persönlicher, sogar sexueller An- und Übergriffe zu tun hat. Woher soziale Schlechterstellung von und private Übergriffigkeit gegen Frauen kommen, wieso die Gegenkultur des besonderen Respekts dazu gehört, also nichts daran ändert, erklärt dieser Artikel …

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Eigentum

Um sich einen Begriff von dem, was Eigentum heißt und ist, zu machen, ist eine Befassung mit Hegel unumgänglich. Darum an dieser Stelle eine Erklärung des Eigentumsbegriffs, wie sie Hegel in seiner Rechtsphilosophie festgehalten hat. Der vollständige Text ist unter www.wissenundkritik.de/hegel/ vorfindlich.

Wie der abstrakt freie Wille wirklich existiert: als staatlich eingerichtetes, gesellschaftliches Zwangsverhältnis namens Eigentum

Die Leistung Hegels besteht darin, den Schein aufgelöst zu haben, beim Eigentum handle es sich um die Beziehung des Willens auf ihm nützliche Sachen. Er hat aufgedeckt, dass dieses Verhältnis des Willens zu seiner sachlichen Umgebung ein Verhältnis entgegengesetzter Willen zueinander ist; und dass dieses negative Willensverhältnis nicht das Werk der daran beteiligten einzelnen Willen ist, sondern vom Staat erzwungen ist.

Eigentum ist wechselseitiger Ausschluss vom nützlichen Reichtum

„Da ich meinem Willen Dasein durch das Eigentum gebe, so muss das Eigentum auch die Bestimmung haben, das Diese, das Meine zu sein. Dies ist die wichtige Lehre von der Notwendigkeit des Privateigentums.“ (§ 46, Zusatz)

Was das Wort „Eigentum“ schon ausdrückt, hat Hegel ernst genommen: dass sein Prinzip darin besteht, eine Sache für sich zu wollen. Und zwar ganz abstrakt für sich zu wollen, d.h. unabhängig von jedem besonderen Inhalt und Interesse an der Sache. Unabhängig von der Nützlichkeit einer Sache für mich soll die Entscheidungsgewalt über sie bei mir und sonst niemandem liegen. Eigentum hat also gar keinen anderen Inhalt als den (wechselseitigen) Ausschluss anderer von den Gütern, die es gibt und die sie brauchen. Insofern ist „Privat“eigentum ein Pleonasmus. Andere ausschließen, heißt exklusiv, privat, verfügen und entscheiden. Der Nutzen des Eigentums wird also durch die Verfügung über es begründet.

Eigentum ist hiermit kein Verhältnis des Willens zu nützlichen Sachen, sondern es ist ein gesellschaftliches Verhältnis zueinander entgegengesetzter Willen, die sich die Verfügung über das Eigentum wechselseitig bestreiten. Logisch gesehen wäre hier ein Schluss auf die Natur des Eigentums fällig, dessen sachliche Qualität dafür bürgt, dass der Ausschluss von dieser Sorte Eigentum den einen die Verfügungsgewalt darüber, den anderen die Abhängigkeit davon beschert: Es sind die Mittel für die Produktion der Befriedigung der Bedürfnisse. Sie verschaffen dem, dessen Eigentum sie sind, Verfügungsgewalt. Der aber, dessen Eigentum sie nicht sind, ist existentiell darauf angewiesen. Für diesen sind sie notwendig zum Leben, für jenen Verfügungsmasse. Vor der Bedürfnisbefriedigung steht das Eigentum. Wer von den Produktionsmitteln ausgeschlossen ist, muss also, um seine Bedürfnisse befriedigen zu können, dem Eigentum dienstbar sein. Das ist sein ökonomisches Mittel.

Damit ist auch klar, dass die Produktionsmittel nicht wegen ihrer sachlichen Qualität Eigentum sind. Dazu müssen sie durch die Trennung von den Produzenten erst einmal gemacht werden. Und das ist sowohl der Seite der Herstellung von Eigentum wie der Seite seiner fortdauernden Garantie nach eine Frage der Gewalt.

Eigentum schließt Eigentumslosigkeit ein

Armut ist deswegen auch kein Gegensatz zum Eigentum, sondern es gibt sie wegen ihm. Das Eigentum selbst schließt das Verhältnis von Eigentum und Eigentumslosigkeit ein. Armut heißt unter den Verhältnissen des Privateigentums nicht einfach Mangel an nützlichen Dingen, sondern Ausschluss davon durch andere. So wie einer nicht darum reich ist, weil er viel Zeugs hat, sondern weil er gegenüber anderen darüber verfügt.

In Sachen „Entäußerung des Eigentums“ kommt Hegel darauf zu sprechen, dass Eigentumsverhältnisse einschließen, dass es Personen gibt, die sich zu sich, ihrem eigenen Körper und Geschicklichkeiten, als Eigentum verhalten (§ 65ff.):

„Von meinen besonderen, körperlichen und geistigen Geschicklichkeiten und Möglichkeiten der Tätigkeit kann ich einzelne Produktionen und einen in der Zeit beschränkten Gebrauch von einem anderen veräußern, weil sie nach dieser Beschränkung ein äußerliches Verhältnis zu meiner Totalität und Allgemeinheit erhalten. Durch die Veräußerung meiner ganzen durch die Arbeit konkreten Zeit und der Totalität meiner Produktion würde ich das Substantielle derselben, meine allgemeine Tätigkeit und Wirklichkeit, meine Persönlichkeit zum Eigentum eines anderen machen. … Der hier auseinandergesetzte Unterschied ist der zwischen einem Sklaven und dem heutigen Gesinde oder einem Tagelöhner.“ (§ 67 und Zus.)

Richtig an diesem Argument ist, dass die Behandlung der eigenen Leiblichkeit, der „körperlichen und geistigen Geschicklichkeiten“ etc. als Eigentum persönliche Abhängigkeitsverhältnisse ausschließt. Wenn der Wille in die „Entäußerung“ fällt, dann heißt diese Freiheit, dass ihm alle Mittel der Vergegenständlichung seiner Arbeit entzogen sind. Ihm nutzen die eigenen Geschicklichkeiten und Fähigkeit rein gar nichts. Sein Eigentumsmittel ist deshalb der Dienst am Eigentum. Dann allerdings ist der freie Wille des Lohnarbeiters der zur Dienstbarkeit. Das ist wiederum nicht die Leistung seines Willens. Und das Verhältnis von Freiheit und Nötigung des Willens war Hegel nicht nur bekannt, er hat sie sogar seinen Gymnasiasten von der Unterklasse erzählt:

„Der Zwang findet auf folgende Weise statt. An die Seite des Daseins des Menschen wird irgend etwas als Bedingung desselben angeknüpft, so dass, wenn er das erstere erhalten will, er sich auch das andere gefallen lassen muss. Weil das Dasein des Menschen von äußeren Gegenständen abhängig ist, so kann er an einer Seite seines Daseins gefasst werden.“

Diese hier vorgestellte Logik der Erpressung wird allerdings nur dann Inhalt eines gesellschaftlichen Verhältnisses, wenn eben die Abhängigkeit des „Daseins von äußeren Dingen“ selbst ein durch Gewalt hergestelltes und per Recht abgesichertes ökonomisches Verhältnis ist.

Existenzgrundlage des wechselseitigen Ausschlusses ist die wechselseitige Anerkennung der Eigentümer als Eigentümer

„Diese Vermittlung, Eigentum nicht mehr nur vermittels einer Sache und meines subjektiven Willens zu haben, sondern ebenso vermittels eines anderen Willens und hiermit in einem gemeinsamen Willen zu haben, macht die Sphäre des Vertrags aus.“ (§71)

Weil das Eigentum eine exklusive Beziehung des einzelnen Willens auf eine Sache ist, ist es zugleich ein negatives Verhältnis von Willen aufeinander. Weil aber alle Eigentümer von den Sachen abhängen, die sie sich wechselseitig bestreiten, sind sie zu einer Einigung gezwungen: der Vertrag.

Er setzt die Ausschließung durch das Eigentum voraus und affirmiert diese zugleich. Beim Vertrag treffen sich nicht Leute, die nützliche Dinge, etwa ein Paar Schuhe gegen 10 Zahnbürsten, tauschen, sondern in ihm betätigt sich das Eigentum. Und zwar widersprüchlich. Denn ein im Vertrag sich betätigender Eigentümer bleibt bzw. wird Eigentümer, indem er aufhört, ein solcher zu sein. Der Vertrag vermittelt die Entäußerung von Eigentum, das als solches nur fungiert, wenn und weil andere Eigentümer davon in der Betätigung ihres Eigentums abhängen.

„Dies Verhältnis ist somit die Vermittlung eines in der absoluten Unterscheidung fürsichseiender Eigentümer identischen Willens und enthält, dass jeder mit seinem und des anderen Willen aufhört, Eigentümer zu sein, es bleibt und es wird; – die Vermittlung des Willens, ein und zwar einzelnes Eigentum aufzugeben, und des Willens, ein solches, hiermit das eines anderen, anzunehmen, und zwar in dem identischen Zusammenhange, dass das eine Wollen nur zum Entschluss kommt, insofern das andere Wollen vorhanden ist.“ (§ 74)

Der einzelne Wille hat also weder Grund noch Macht dazu, Eigentümer sein zu wollen. Es sei denn, es existiert ein gesellschaftliches Verhältnis, das genau dies ihm erlaubt und es von ihm verlangt. Das jeweilige Eigentum fungiert nur und taugt nur als Eigentum in Beziehung auf andere Eigentümer. Diese sind einerseits von ihm abhängig – weil ausgeschlossen –; andererseits müssen sie selbst über Eigentum verfügen, dessen sie sich entäußern, um an das heranzukommen, von dem sie ausgeschlossen sind. Diesen in den Eigentumsmitteln eingeschlossenen Gegensatz müssen Eigentümer respektieren, wenn sie sich in der Form des Vertrags aufeinander beziehen. Sie müssen sich zu dem Willen nötigen lassen, mit den sachlich-stofflichen Mitteln der Produktion und Konsumtion nicht gemäß eigenen Bedürfnissen und Interessen umzugehen, sondern eben gemäß der Schranke der Verfügung, die das Eigentum aufrichtet.

„Der Vertrag setzt also voraus, dass die darein Tretenden sich als Person und Eigentümer anerkennen.“

Hegel war klar, welchen praktizierten Widerspruch jene gemeinsame Willensbekundung darstellt, die sich im Vertrag dokumentiert. Der gemeinsame Wille besteht in dem abstrakten Inhalt, die Mittel wechselseitig als Eigentum fungieren zu lassen. Gerade in dieser Abhängigkeit voneinander schließt der gemeinsame Wille den Gegensatz der besonderen Willen ein. Jede Seite weiß das und anerkennt es. Verträge bedürfen darum einer von den Vertragsparteien getrennten dritten Instanz, die über die Einhaltung des Vertrages wacht: Gewalt des Rechts. Jede Seite des Vertrags ist auf die Vertragserfüllung der anderen Seite angewiesen – und bringt sich (dies ist die Leistung des Vertrags!) gerade mit der eigenen Vertragserfüllung in Gegensatz zum eigenen Interesse – schließlich verpflichtet er sich zur Weggabe seines Eigentums. Der gemeinsame Willensinhalt wird von den Vertragsparteien berechnend gewollt. Was jede Seite will, ist die Vertragserfüllung der anderen Seite, nicht die eigene.

Der Widerspruch am Vertrag – der gemeinsame Wille der Vertragsparteien kommt auf der Grundlage ihrer gegensätzlichen besonderen Willen zustande – macht sich im Unrecht, dem Vertragsbruch, geltend:

Es ist, weil sie unmittelbare Personen sind, zufällig, ob ihr besonderer Wille mit dem an sich seienden Willen übereinstimmend sei, der durch jenen allein seine Existenz hat. Als besonderer für sich vom allgemeinen verschieden, tritt er in Willkür und Zufälligkeit der Einsicht und des Wollens gegen das auf, was an sich Recht ist, das Unrecht.“ (§ 81)

„Zufällig“ heißt hier, dass keine Seite einen Grund hat, die durch die Eigentumsmittel aufgenötigte, im Gegensatz zum besonderen Willen stehende und deshalb berechnend gewollte Gemeinsamkeit des Vertrags gelten zu lassen. So muss es einerseits eine Gemeinsamkeit der Willen („an sich seiender Wille“) geben, wenn gegeneinander gerichtete Interessen sich über ihren Gegensatz einigen wollen. Andererseits kann es diese Gemeinsamkeit der Willen wegen des Gegeneinanders der Interessen nicht geben. Der Vertrag macht also das Unrecht notwendig. Aus dieser Hegelschen Einsicht, dass Recht und Unrecht keine Gegensätze sind, sondern notwendig zusammengehören, ist ein weiteres Mal der Schluss fällig, dass das Willensverhältnis Eigentum und das dazugehörige Rechtsverhältnis kein freiwilliges sein kann.

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Wie sich zeigt, verhindert das idealistische Programm Hegels keineswegs die Entdeckung harter Wahrheiten über die von ihm besprochenen Gegenstände. Das Programm, den Begriff einer Sache für diese Sache sprechen zu lassen, enthält immerhin das Vorhaben, keine Rechtfertigung, weder bei sich noch bei anderen, durchgehen zu lassen, ohne sie an den Notwendigkeiten des Begreifens zu messen. Und so kann es nicht ausbleiben, dass ihm an den Vorstellungen anderer Denker über dieselben Gegenstände, die er in seinen Büchern behandelt, deren Begriffslosigkeit unangenehm aufstößt. Dabei verfährt er erfrischend polemisch, indem er seine Kollegen z. B. unter so Namen wie „der leere Verstand“ – ein philosophisches Synonym für das umgangssprachliche „Hohlkopf“ – auftreten lässt.

Eigentum ist keine nützliche Einrichtung

Gegen den heute mehr denn je verbreiteten Irrglauben, dass es Eigentum deswegen gibt, damit man hat, was man benützen will, hatte er einige gute Argumente einzuwenden.

a)     Eigentum ist kein Mittel fürs Bedürfnis

„Dass ich etwas in meiner selbst äußeren Gewalt habe, macht den Besitz aus, so wie die besondere Seite, dass Ich etwas aus natürlichem Bedürfnisse, Triebe und der Willkür zu dem Meinigen mache, das besondere Interesse des Besitzes ist. Die Seite aber, dass Ich als freier Wille mir im Besitze gegenständlich und hiermit auch erst wirklicher Wille bin, macht das Wahrhafte und Rechtliche darin, die Bestimmung des Eigentums aus.

Eigentum zu haben, erscheint in Rücksicht auf das Bedürfnis, indem dieses zum Ersten gemacht wird, als Mittel; die wahrhafte Stellung aber ist, dass vom Standpunkte der Freiheit aus das Eigentum, als das erste Dasein derselben, wesentlicher Zweck für sich ist.“ (§ 45)

„Im Verhältnisse zu äußerlichen Dingen ist das Vernünftige, dass Ich Eigentum besitze; die Seite des Besonderen aber begreift die subjektiven Zwecke, Bedürfnisse, die Willkür, die Talente, äußere Umstände usf.; hiervon hängt der Besitz bloß als solcher ab, aber diese besondere Seite ist in dieser Sphäre der abstrakten Persönlichkeit noch nicht identisch mit der Freiheit gesetzt. Was und wieviel Ich besitze, ist daher eine rechtliche Zufälligkeit.“ (§ 49)

Dass mit der Tatsache, dass Gebrauchsgegenstände als Eigentum existieren, nicht abgemacht ist, welche und wie viele ein Mensch davon besitzt, ist jedermann irgendwie bekannt. Insofern könnte jeder dem letzten Satz des Zitates zustimmen. Dass damit aber das Eigentum nicht für den nutzen des Individuums da ist, wird von Hegel in beiden Zitaten gezeigt. Denn was einer besitzt und wieviel, ist vom Standpunkt des Bedürfnisses überhaupt nicht egal. Sowohl die Qualität als auch die Menge der Sachen, die ich haben muss, werden vom Bedürfnis bestimmt.

Der Besitz ist hier in Bezug auf das Bedürfnis Mittel. Vom Gesichtspunkt des Eigentums ist diese Stellung zu ihm aber falsch. Denn es ist, anders als der Besitz, ein „wesentlicher Zweck für sich“. Gesellschaftliche Verhältnisse, in denen es Eigentum gibt, haben also nicht Bedürfnisbefriedigung zum Zweck. Verhältnisse, in denen die Gleichung „ich konsumiere etwas = es gehört mir“ wahrgemacht wird, richten sich gegen die Bedürfnisse. In ihnen steht vor der Bedürfnisbefriedigung der Zwang zum Dienst am Eigentum. Die Konsumtion ist dem Eigentum unterworfen.

b) Armut ist nicht ungerecht

Mit der Unterscheidung von nützlichen Dingen und Eigentum ist auch schon eine weitere Ideologie über das Recht kritisiert: Das Recht, genauer: seine Gleichheit, ist wegen der Gleichgültigkeit gegen das Wieviel keine Hilfe und schon gleich gar nicht eine Garantie dafür, dass keiner zu wenig Reichtum besitzt:

„Gleichheit ist die abstrakte Identität des Verstandes, auf welche das reflektierende Denken und damit die Mittelmäßigkeit des Geistes überhaupt zunächst verfällt, wenn ihm die Beziehung der Einheit auf einen Unterschied vorkommt. Hier wäre die Gleichheit nur Gleichheit der abstrakten Personen als solcher, außer welcher eben damit alles, was den Besitz betrifft, dieser Boden der Ungleichheit, fällt.“ (§ 49)

Unterschiede in der Menge des Eigentums gehen also sehr wohl mit der Gleichheit der Personen zusammen. Das Recht behandelt alle Personen gleichermaßen als Eigentümer. Und es verpflichtet sie darauf, gemäß ihrem Eigentum mit diesem umzugehen – egal, wie dieses Eigentum aussieht. Angesichts dieser Leistung des Rechts Gleichheit vor dein Recht zu fordern, ist also einigermaßen blöd:

„Dass alle Menschen ihr Auskommen für ihre Bedürfnisse haben sollen, ist teils ein moralischer und, in dieser Unbestimmtheit ausgesprochen, zwar wohlgemeinter, aber, wie das bloß Wohlgemeinte überhaupt, nichts Objektives seiender Wunsch, teils ist Auskommen etwas anderes als Besitz und gehört einer anderen Sphäre, der bürgerlichen Gesellschaft, an.“ (§ 49)

Derartige Wünsche gehören in den Bereich der Moral. Dass sie dort am Platze sind, spricht aber nach Hegel noch lange nicht dafür, dass sie dadurch vernünftig werden. Im Gegenteil: Die Moral ist das Reich der Wünsche und Begehren, die nicht vom Wissen über die Objektivität getrübt sind. Die Bestimmungen des Eigentums, gar der Respekt vor ihm und die schönen Wünsche, die damit verbunden werden, passen nicht zusammen.

c) Von wg. gemeinsamer Nutzen des Vertrags

Auch die Vorstellung, der Vertrag wäre ein ausgezeichnetes Instrument dafür, einen wechselseitigen oder gemeinsamen Nutzen auszudrücken oder herzustellen, muss sich von Hegel eines Besseren belehren lassen.

„Das Eigentum, von dem die Seite des Daseins oder der Äußerlichkeit nicht mehr nur eine Sache ist, sondern das Moment eines (und hiermit anderen) Willens in sich enthält, kommt durch den Vertrag zustande – als den Prozess, in welchem der Widerspruch, dass Ich für mich seiender, den anderen Willen ausschließender Eigentümer insofern bin und bleibe, als Ich in einem mit dem anderen identischen Willen aufhöre, Eigentümer zu sein, sich darstellt und vermittelt.“ (§ 72). Der Vertrag ist ein Mittel dafür, dass der Widerspruch deshalb Eigentums erhalten bleibt, wenn ein anderer mir nützlich ist. Das heißt, der Vertrag geht von der Gleichung, Interesse ist gleich Interessengegensatz, aus. Gerade weil in der Erfüllung des Nutzens des anderen mein Nutzen nicht eingeschlossen ist, schreibt der Vertrag die Erfüllung meiner Bedürfnisse dem anderen Willen als Bedingung bzw. Schranke vor, ohne die er seinen Nutzen nicht erreichen darf.

Da der Nutzen des einen dem Nutzen des anderen fremd ist und eine Beschränkung darstellt, ist der Vertragsbruch keine Zufälligkeit. Von daher ist es kein Wunder, dass Verträge der Beaufsichtigung durch eine den Kontrahenten übergeordnete Gewalt bedürfen.

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„(…) Es wird eine Erklärung verlangt. Ich erkläre also wahrheitsgemäß, daß ich die Erwähnung des Namens Ammer [B. hatte ein paar Verse für seine Dreigroschenoper von Villon in deutscher Übersetzung von K.L. Ammer verwendet] leider vergessen habe. Das wiederum erkläre ich mit meiner grundsätzlichen Laxheit in Fragen geistigen Eigentums. (…). Geistiges Eigentum ist eben so eine Sache, die in Schrebergärtchen und dergl. Angelegenheiten gehört.“

Bertolt Brecht, 1929

Die Widersprüche des geistigen Eigentums

Das ‚geistige Eigentum‘ ist als internationaler politischer Streitgegenstand öffentliches Thema geworden. Der Umkreis strittiger Ansprüche reicht vom Eigentumsschutz künstlerischer Machwerke bis zum Respekt vor dem Eigentumsrecht an naturwissenschaftlichen Entdeckungen und technologischen Erfindungen – Urheberrechte, Patente, Marken –, das alles will als immaterielles Eigentum geschützt und respektiert sein. Anlass für den GegenStandpunkt, die Widersprüche des geistigen Eigentums zum Thema zu machen und den Gehalt des Streits um das ‚geistige Eigentum‘ kritisch zu würdigen.

Geistiges Eigentum oder der Unfug der Privatisierung von Erkenntnis

Das Grundeigentum und der Wohnungsmarkt

In deutschen Großstädten ist eine neue Wohnungsnot ausgebrochen. Dass die elementare Lebensbedingung für die arbeitende Bevölkerungsmehrheit ein Luxus ist, den sie sich kaum leisten kann, wird hochoffiziell als „soziales Problem“ anerkannt. Politiker versprechen unentwegt, sich dafür einzusetzen, dass „das Wohnen bezahlbar bleibt“ – was schon alles sagt: Nach 150 Jahren kapitalistischen Wachstums ist es das für viele eben nicht.

Die Betroffenen bekommen auf diese Weise zu spüren, dass die Wohnung, von der manche fordern, sie dürfe keine Ware sein, tatsächlich keine gewöhnliche Ware ist. Der Artikel behandelt die kapitalistische Reichtumsquelle Grundeigentum, die Konkurrenz mit und um die Nutzung von Grund und Boden, die unausweichlichen ‚sozialen Folgen‘ für den Wohnbedarf der Bevölkerung, den Umgang des Staates mit der Wohnungsfrage und die Proteste gegen ‚Mietwucher‘ und ‚Gentrifizierung‘.

Korrespondenz zur Wohnungsfrage im Kapitalismus

Das Eigentum - und die Eigentümlichkeiten der Vertragsfreiheit

Ein lebenspraktisches Beispiel:

Achtung vor dem Eigentum – auch eine Anstandsfrage!

Im Laufe des Jahres 2009 häufen sich fristlose Kündigungen zum Teil langjährig Beschäftigter wegen der Entwendung oder Unterschlagung von Getränkebons im dreistelligen Cent-Bereich, für den Abfall bestimmter Maultaschen oder einzelner Frikadellen. Dem daraufhin sich erhebenden öffentlichen Volksgemurmel über Fragen der Gerechtigkeit im Allgemeinen sowie – im Besonderen – über die angemessene Behandlung treuherziger Arbeitnehmer einerseits und ruchloser Bonusempfänger des Finanzgewerbes seitens der deutschen Rechtspflege andererseits tritt die Präsidentin des Bundesarbeitsgerichtes zum Jahreswechsel mit klaren Worten entgegen. Der stark ins Grundsätzliche weisenden Frage ihres journalistischen Stichwortgebers –

Wird nicht die Würde des Menschen verletzt, wenn wegen – sagen wir – 2,39 Euro seine Lebensleistung nichts mehr gilt? (SZ, 29.12.09) – weicht sie nicht aus, sondern fragt offensiv zurück:

„Meine Frage ist eine andere: Wie kommt man eigentlich dazu, ungefragt Maultaschen mitzunehmen? Warum solche Eigenmächtigkeiten? Das hat was mit fehlendem Anstand zu tun …Ein Arbeitgeber erwartet, dass ein Arbeitnehmer das Interesse des Unternehmens mitdenkt. Wenn diese Beziehung gestört ist, dann kommt es dazu, … dass ein Arbeitgeber auch bei Kleinigkeiten die Vertrauensfrage stellt.“ (ebd.)

Zum einen kommt es der Richterin darauf an, die jahrzehntelange Rechtssprechung des BAG zu bestätigen, mit der das „Vertrauen“ des Arbeitgebers als rechtliches Prüfkriterium für den korrekten Dienst am Eigentum der Firma anerkannt wird, ganz getrennt von der Größe des „Vermögensschadens“, den diese durch einen „Vertrauensbruch“ des Angestellten erlitten haben mag. Rechtlich gesehen ist diesem Dienst folgerichtig die Vorstellung von einem „Bagatelldelikt“ ganz fremd: Entweder man hat Respekt vor fremdem Eigentum oder man hat ihn nicht! Und wenn in dieser Frage Zweifel aufkommen, dann muss es dem betroffenen Eigentümer erlaubt sein, in sich hineinzuhören, die Verletzung seiner vertraulichen Beziehung zu seinem Angestellten frei zu bewerten und am Ende mit dem Segen des BAG gegen den Arbeitnehmer geltend zu machen, dass im Rahmen des Arbeitsvertrages das Eigentumsrecht absolut gilt, insofern auch keiner kleinlichen Relativierung, etwa durch den geringen Umfang des geldwerten Schadens, zugänglich ist. So maßlos und radikal ist – mit höchstrichterlicher Unterstützung – der Anspruch des Betriebes an seine Belegschaft, diese habe allzeit das Interesse des Unternehmens mitzudenken.

Zum anderen sieht sich die hohe Frau offenbar herausgefordert – aus gegebenem Anlass und gegen öffentliche Zweifel –, auf der Identität von Recht und gelebter Sittlichkeit zu bestehen.

Dass bei geringwertigen Vermögensdelikten gegen den Dienstherrn oder Arbeitgeber nur noch bei einer Beschäftigtengruppe die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses zugelassen wird, nämlich bei den Arbeitnehmern, … nicht aber bei Vorstandsmitgliedern, Geschäftsführern, Beamten oder Soldaten (Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht, zit. nach FAZ, 24./25.10.09) widerspricht dem nicht. Selbstverständlich tut auch auf dem Feld hochkomplexer Vermögensdelikte, der Korruption und dubioser Milliardenpleiten gerechte Strafe not, die die guten Sitten des Kapitalismus auch gegenüber der Klasse der systemrelevanten Delinquenten hochhalten soll, selbst wenn das manchmal ein schwieriges Geschäft ist. Aber, so scheint sich die Gerichtspräsidentin zu fragen, soll man deswegen Abstriche machen bei der Verteidigung von Anstand und Rechtlichkeit dort, wo die Verhältnisse übersichtlich und die Anforderungen so klar sind wie bei den simplen Arbeitnehmern? Das ist nicht ihre Sache, weshalb sie die niederen Stände einschlägig belehrt: Die neigen ja häufig zu der Auffassung, angesichts der notorischen Drangsale, in die sie ihre soziale Stellung bringt und des Anstandes, mit dem sie sie ertragen, würden ihnen mehr Unrecht und weniger Anerkennung zuteil als sie verdienten. Sie müssen sich von der Richterin nachdrücklich daran erinnern lassen, dass auch massenhaft schlechte Lebenslagen in aller Regel der Rechtslage entsprechen und insofern keinerlei Rechtfertigung liefern, die im Arbeitsrecht kodifizierte Sittlichkeit der werktätigen Klasse schleifen zu lassen. Auf den Anstand der Arbeiter hat der Arbeitgeber ein Recht als allgemeine Nebenpflicht des Arbeitsvertrages. Und die besteht eben auch im skrupulösen Respekt noch vor den – wertmäßig – kleinsten, maultaschen- oder frikadellenförmigen Eigentumspartikeln des Dienstherrn. An diese fundamentalistisch strengen Anforderungen des privaten Reichtums haben sich die Arbeitnehmer am Arbeitsplatz ebenso zu halten wie die höchsten Arbeitsrichter bei der Prüfung jedes Einzelfalles. Dafür hat sie das BAG vermittels seiner Rechtssprechung schließlich zur Rechtslage gemacht.

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Recht

Auch im Zusammenhang mit der vorher genannten Kategorie wird an dieser Stelle aus systematischen Gründen auf den § 4 der Staatsableitung verwiesen. Dort wird einleitend festgehalten: Die legitime Gewalt des Staates unterwirft die Bürger dem Gesetz. Der Staat verschafft dem Recht Geltung und zwingt sie dadurch zur wechselseitigen Anerkennung ihres freien Willens. Die Rechtspflege sorgt für den Schutz von Person und Eigentum sowie für die Souveränität des Staates. Sie erhält die Konkurrenz, indem sie die Freiheit der Privatsubjekte von der Übereinstimmung ihrer Handlungen mit dem Recht abhängig macht. Der Staat beurteilt alles, was die Bürger tun, danach, ob es dem Gesetz entspricht, und verleiht seinem Urteil Gültigkeit, indem er das verletzte Recht wiederherstellt. Durch die Macht des Staates ist den Handlungen der Bürger das Gesetz immanent, so dass die Bürger dessen Gebote als sittlichen Maßstab anerkennen, den sie an sich selbst und an andere anlegen: Moral.

Peter Decker, Das Recht (2011)

Der nachfolgende Text wurde von einem Leser dieser Seite zur Verfügung gestellt. 

Albert Krölls, Das Grundgesetz - Kritik des linken Verfassungspatriotismus (2009)

Einleitung: Klassiker der Rechtsstaatsideologie

aus: Albert Krölls, Kapitalismus – Rechtsstaat – Menschenrechte (2013), vergriffen

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Moral

Moral ist das gute Gewissen der Klassengesellschaft. Sie ist in dieser Gestalt – im bürgerlichen Maßstab – die Kernsubstanz dessen, was ein Individuum im Unterschied zur tierischen Natur in dieser Welt ausmacht, nämlich ein Subjekt zu sein – ausgestattet mit einem abstrakt freien Willen –, das in seiner Person alle Attribute dieses Willens beinhaltet: ein selbstbewusster Träger und Fordernder von allgegenwärtiger Rechtschaffenheit, Pflicht und Verantwortung für eine im staatlichen Auftrag gelingende Zwangsgemeinschaft freier Konkurrenten auf allen Ebenen des bürgerlichen Heldenlebens, das eben manchmal auch die endgültige und größte Härte einfordert: Einverständnis und Bereitschaft zum Krieg: Kriegsmoral.

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Sein und Bewußtsein

Marx/Engels, Die deutsche Ideologie (MSZ 1-1983)

E. Dozekal, Sein und Bewußtsein (Auszug)

Methodische Nachbemerkung aus: Das Proletariat, S. 272-279

Gerechtigkeit

Stichwort: Gerechtigkeit

Allgemein bekannt ist die Gepflogenheit unzufriedener Bürger, anlässlich eines erfahrenen Schadens die Klage zu führen, ungerecht behandelt worden zu sein, und die Politik zu beschuldigen, die Einlösung ihrer eigentlichen Versprechungen versäumt zu haben. Diese Klage zeugt von zweierlei: Erstens setzt sie als fraglos gültige Selbstverständlichkeit voraus, dass sich die Menschheit in gegensätzliche Positionen in einem Herrschaftsverhältnis auseinanderdividiert – Exekutoren herrschaftlicher Gewalt diktieren die Lebensbedingungen und -chancen, denen sich der Rest mit seiner Lebensführung zu unterwerfen hat. Bemerkenswert ist zweitens, dass Untertanen mit ihren Forderungen nach einer gerechten Behandlung durch die Obrigkeit sich nicht einfach lächerlich machen, sondern umgekehrt damit rechnen und rechnen können, zumindest auf Gehör zu stoßen. Das hat im bürgerlichen Staatswesen sicherlich seine besonderen Verlaufsformen, eint aber im Prinzip die Bürger mit ihren und den modernen Rechtsstaat mit seinen historischen Vorgängern: Weil die politische Gewalt den Anspruch einer gerechten Behandlung ihrer Untertanen an sich selbst stellt und ihre Gewaltanwendung daran misst, hat sie ein offenes Ohr, wenn derlei Klagen von „unten“ an ihre Adresse ergehen. Im Klagewesen von Untergebenen immerzu gegenüber ihrer Herrschaft in Anschlag gebracht wird die Gerechtigkeit, weil sie zuallererst eine Maxime herrschaftlicher Gewalt ist.

 

 

Korrespondenz zum "Stichwort Gerechtigkeit" (GS 2-16)

Zu dem „Stichwort: Gerechtigkeit“ haben uns zwei Leser ihre Bedenken und kritischen Nachfragen mitgeteilt. Wir nehmen uns Raum und Zeit, so gerecht wie möglich darauf zu antworten, und außerdem die Freiheit, ein paar zusätzliche Überlegungen mitzuteilen; zur Sache wie auch zur Art des Nachdenkens darüber.
Der eine Brief wird unter I. fortlaufend kommentiert; im Anschluss daran, unter II., führen wir zur Erläuterung des „Stichworts“ vor, mit welchen Schlüssen aus der uns bekannten Weltsicht moderner Bürger wir zu dem Begriff von Gerechtigkeit – Maxime staatlicher Herrschaft – gelangt sind, von dem die Ableitung ausgeht. Unter III. folgt die andere Zuschrift samt einer Antwort, die mehr methodisch auf selbstgeschaffene Schwierigkeiten beim Verständnis unseres Artikels eingeht.

Noch’n Leserbrief zum Thema Gerechtigkeit: Eine Absage (GS 1-17)

Die längere Zuschrift, auf die sich die Erwiderung bezieht, ist hier zu finden.

Eine weitere Zuschrift zum „Stichwort: Gerechtigkeit“ verwirft unsere Erklärung des Anspruchs auf ideelle Versöhnung zwischen Herrschaft und Bürgern mit dem Argument, von einem solchen Ethos – von der Herrschaft her gesehen – bzw. fordernden Ideal – vom Standpunkt der Untertanen – der prinzipiellen Übereinstimmung beider Seiten könne deswegen nicht die Rede sein, weil damit eine ideell zu heilende Entzweiung, ein Gegensatz zwischen ‚oben‘ und ‚unten‘ unterstellt sei, was im bürgerlichen Staat überhaupt nicht vorliege. In diesem Sinne liest der Kritiker die Darlegungen unseres Artikels über die verräterische Logik des Ideals und der Herrschaftsmaxime ‚Gerechtigkeit‘ – zusammen mit anderen Zitaten aus unseren Publikationen – „gegen den Strich“ und interpretiert sie als die verfehlte Bemühung, die Existenz eines Gegensatzes zwischen Bürger und Staat nachzuweisen, um uns eine bequeme Grundlage für die Agitation von Leuten zu verschaffen, deren Einverständnis mit ihrer Herrschaft in Wahrheit unerschütterlich feststehe.

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Konsum/Konsumkritik

Ideologien über Konsum und Konsument in der Marktwirtschaft

Die Veredelung des Kapitalismus zur „Wohlstandsgesellschaft“ und der Einsatz der „Konsumentenmacht“ gegen die „Überflussgesellschaft“ und ihre „Auswüchse“

Was über den Konsum vermeldet wird, ist so merkwürdig wie aufschlussreich: Des öfteren muss er z.B. „angekurbelt“ werden, wird also gefordert, damit das Wachstum vorankommt. Offenbar ist er er nicht Zweck, sondern Mittel, um Geschäfte in Gang zu bringen und zu halten. Als Anschub kommt denn auch eine Größe auf keinen Fall in Betracht: mehr Einkommen der arbeitenden Menschheit. Daneben hält sich vielmehr die umgekehrte Sicht: Unversehens finden sich Menschen, die nicht recht wissen, wie sie über die Runden kommen sollen, in einer „Überflussgesellschaft“ wieder. Der Konsument – in seinen Entscheidungen frei, aber durch sein Einkommen beschränkt – soll mit dem, was er sich privat leistet, überhaupt für alle möglichen Übel wie Umweltschäden usw. mitverantwortlich sein, mit seiner „Konsumentenmacht“ die aber auch korrigieren können – per Einkauf. Das ist theoretisch verkehrt und praktisch wirkungslos. Der GegenStandpunkt führt den Nachweis und zer- und widerlegt einige der gängigen Ideologien zur „Konsumgesellschaft“.

Konsum und Werbung (Ergänzungen zum Artikel „Ideologien über Konsum und Konsument“)

Dieses Transkript wurde von einem  Leser beigesteuert.

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Religion

Die Sache mit der Religion – Vom christlichen Glauben

Beliebt ist die Idee, das menschliche Leben wäre selber ein abgründiger Widerspruch zwischen einem Erdendasein, in dem „letztlich“ kein wirklicher frei gesetzter Lebenszweck aufgehen kann, vielmehr Unberechenbarkeit und Ungerechtigkeit walten, und einem tieferen, zwar verborgenen, dafür ganz unverwüstlichen Sinn: einem ‚Wozu‘ von so absoluter Gültigkeit, dass Verstand und Realität davor glatt kapitulieren müssen, der Mensch aber glücklich und zufrieden sein kann.

F. Huisken, Staat und Religion

Glaube und Herrschaft

Von der Freiheit eines Christenmenschen (MSZ 6-1980)